Montag, 17. Dezember 2012

Água Cristalina: Ein Kampf für das Leben



Mein Name ist Raymundo Caetano Pinto und ich bin der Vater von Mychelle Grace Pinto, die am 4. Februar 1986 auf die Welt kam. 


 
















Meine Tochter wurde mit Gehirnlähmung geboren und die Ärzte teilten mir mit, dass sie nicht lange leben würde. Und da begann unser Kampf. Meine Frau Luiza und ich suchten nach Hilfe und unternahmen alles was uns möglich war (ich besuchte sogar Kurse um mich als Physiotherapeut auszubilden), um unsere Tochter zu retten. Meine ältere Tochter Kelly übergaben wir damals der Betreuung meiner Mutter, um uns ganz Mychelle zu widmen. Ich arbeitete damals als Metallarbeiter in einer Firma, aber mein Gehalt reichte nicht aus, um die kostspielige Behandlung zu bezahlen. In dieser Zeit betreute meine Frau unsere Tochter tagsüber und wenn ich dann nach Hause kam, übernahm ich die Betreuung. Von Tag zu Tag wurde es schwieriger uns um unsere Tochter zu kümmern: es fehlte an Geld, die Transportmittel zu den Behandlungsorten waren schlecht, und dann die langen Wartezeiten. Als Mychelle 7 Jahre alt war konnte sie weder gehen noch sprechen. Angesichts so vieler Schwierigkeiten beschlossen wir die ärztliche Behandlung durch die von uns erworbenen Kenntnisse der Physiotherapie  zu  Hause  fortzusetzen,  um  so  den 
heilungsprozess zu beschleunigen.                                                                                                          
Eines Tages kam ich dann morgens in die Firma und wurde ins Büro des Chefs gerufen. Er teilte mir mit, dass die Firma finanzielle Probleme habe und dass sie deshalb Personalkürzungen vornehmen müssten und dass ich  einer von den Mitarbeitern sei, die entlassen würden. Ich war am Boden zerstört. Was sollte ich nur jetzt machen? Ich ging nach Hause und erzählte den Vorfall meiner Frau und meiner Mutter. Beide unterstützen mich in dieser trostlosen Situation und animierten mich, denn bald würde ich sicherlich einen neuen Arbeitsplatz finden. Ich ging auf mein Zimmer und begann zu beten, mit Gott zu sprechen und bat Ihn um Orientierung. Wie sollte ich jetzt nur die Behandlung meiner Tochter fortsetzen? Und Gott erhörte mein Flehen und sagte mir: “Behandle du selbst deine Tochter zu Hause!” Aber wie sollte ich das machen? Und da kam mir in den Sinn: ich werde ein kleines Schwimmbecken im Hof meines Hauses bauen und da werde ich meine Tochter mit Hilfe der Hydrotherapie (in Kursen hatte ich einiges dieser Behandlungsmethode erlernt) behandeln. Und so baute ich dann 1995 mit dem Geld der Ablösung, das ich von der Firma bekommen hatte, ein kleines Schwimmbecken und begann die Behandlung von Mychelle. 


Schon nach kurzer Zeit verbesserte sich ihr Zustand zusehens und Bekannte und Nachbarn, deren Kinder ebenfalls behindert waren, baten mich auch diese zu betreuen. Und die Zahl der Hilfesuchenden wuchs und wuchs. Eines Tages spielte ich mit meiner Tochter im Wohnzimmer, sie war damals 9 Jahre alt, und plötzlich löste sie sich von meinem Schoss 
und tat ihre ersten paar Schritte. 

 



















Das war der schönste Tag meines Lebens. Ich rief meine Frau, wir fielen uns in die Arme und weinten vor Glück und Freude. Denn nie hätten wir gedacht, dass wir unsere Tochter einmal gehen sehen würden. Und in dieser Freude hörte ich wieder die Stimme Gottes, die mir sagte:”Hilf du jetzt all den Menschen, die so wie du mit ihren Kindern leiden und gelitten haben!” Und ich dachte: “Mein Gott, aber wie soll ich das machen? Ich habe kein Geld, alles ist so teuer und ich muss doch arbeiten um meine Familie zu ernähren.” Die Zeit verging und verging, immer mehr Leute suchte uns auf und baten um Hilfe. Wir beide, meine Frau und ich, waren nicht mehr imstande der Arbeit nachzukommen und so gründeten wir  1998  das  gemeinnützige  “Institut Água Cristalina”  und stellten ein paar Hydrotherapeuten ein.                                                                                 

Monate später nahm ich an einem Sonntag an einem Kurs für Krankenpflege teil, wo ich auch über unsere Arbeit im Institut berichten durfte. Einer der Teilnehmer, Bruder Klaus von den Steyler Missionaren, zeigte sich für unsere Arbeit interessiert und wollte das Institut kennen lernen. So lud ich ihn ein und schon in der folgenden Woche besuchte er uns und war sofort von meiner Tochter und unserer Behandlungsmethode begeistert. In einem informellen Gespräch erzählte ich Bruder Klaus meine Geschichte, angefangen von der Geburt unserer behinderten Tochter, und so wuchs allmählich der Gedanke und die Idee das Institut zu reformieren, modernisieren und ein grössers Becken zu bauen. Ich besass ein kleines Grundstück neben meinem Haus, auf dem meine Mutter Gemüse pflanzte, und dieses stellte ich zum Bau der neuen Anlage zur Verfügung.  Bruder Klaus übernahm die Finanzierung des Baues und mit Hilfe von Spendern aus der Schweiz und Deutschland wurde das neue Gebäude errichtet. Bruder Klaus ermöglichte auch das Studium meiner älteren Tochter Kelly, die heute ausgebildete Physiotherapeutin und Sportlehrerin ist und die mir bei allen Arbeiten tatkräftig zur Seite steht.  
 
                                                                                                                 
Sechs Monate nach der Eröffnung des neuen Instituts verstarb Bruder Klaus. Das war erneut ein harter Schlag für mich, denn er stand nicht nur mir und meiner Familie sehr nahe, sondern war auch bei allen unseren Patienten sehr beliebt und geschätzt. Wie sollte nun alles weitergehen? Ich wurde dann eingeladen an einer Versammlung von Soverdi teilzunehmen und da wurde mir mitgeteilt, dass diese Organisation fortan die Projekte von Bruder Klaus übernehmen würde. Und seither wird unser Institut von Soverdi unterstützt und gefördert.                                           


Heute funktioniert das Institut ganz hervorragend und wir behandeln im Durchschnitt 700 Patienten pro Woche. Unsere Arbeit basiert auf der Wassertherapie: Hydrotherapie, angepasstes Schwimmen, Hydromassage und Hyrdrogymnastik. Unsere Patienten kommen aus ganz São Paulo und sogar aus benachbarten Städten. Heute können wir auch mit der Unterstützung des städtischen Sekretariats für Gesundheits-  und Sozialwesen rechnen. Unsere Arbeit ist allgemein anerkannt und wir bekommen sogar Patienten von Spitälern und Kliniken der Stadt. Paralell dazu entwickeln wir auch Arbeiten, in denen wir uns besonders um ältere Menschen kümmern. Es sind an die 60 Personen die wöchentlich zu uns kommen. Sie erhalten eine Mahlzeit, nehmen an verschiedenen Kursen und Vorträgen teil und treiben auch Gymnastik. Einmal im Monat organisieren wir auch kleinere Ausflüge, an denen alle gerne teilnehmen. Und zwei Mal pro Jahr veranstalten wir einen Markt, auf dem sie ihre Handarbeiten zum Verkauf anbieten. Ausserdem realisieren wir andere soziale Arbeiten wie etwa einen Backkurs. 

Das soll den Menschen helfen  ihren Eigenbedarf an Brot zu decken, aber auch durch den Verkauf das Familieneinkommen zu heben. Wir verteilen auch Lebensmittelkörbe an bedürftige Familien und an den Festen wie Ostern und Weihnachten Ostereier und Weihnachtsstollen. Gemeinsam mit der Universität von Mogi das Cruzes bieten wir Vorträge über Themen wie Recht, Gesundheit und Ernährung an wie auch ein Programm für Bodentherapie, an dem wöchentlich etwa 200 Personen teilnehmen. In Anerkennung an alle dies von uns organisierten Arbeiten hat uns die Stadtgemeinde von São Paulo ein Grundstück zur Verfügung gestellt, auf dem später eine Filial unseres Instituts entstehen soll.   Dadurch wäre es dann möglich der ganzen lokalen Bevölkerung vor Ort nicht nur eine umfassende ärztliche  Betreung anzubieten,  sondern  es  soll hier auch ein  rekreatives 
und kulturelles Zentrum entstehen.                                                                                             
Vom Bau dieser Filiale abgesehen, bemühen wir uns weiterhin in den bestehenden Einrichtungen unsere Arbeit zu aktualisieren und zu modernisieren, um allen unsere Patienten die bestmögliche Behandlung zu garantieren.         

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